Nachdem im gestrigen Live-Stream der Diabetes Blog Woche die Worte „…darf gerne Science Fiction sein.“ gefallen sind, habe ich alle vorherigen Ideen über Bord geworfen und den folgenden Beitrag in den letzten Stunden geschrieben. Auch wenn dieser Post auf den ersten Blick total sinnfrei zu sein scheint, ist er zumindest ein Beispiel dafür, dass man nach einem 10 Stunden Arbeitstag nicht mehr bis spät in die Nacht an Blogposts basteln sollte. Ich hoffe ihr nehmt es mit Humor!

2028

diabetes-blog-woche„Guten Morgen, es ist an der Zeit aufzustehen mein Süßer. Ein neuer Tag bricht an.“

7.34 Uhr und 18 Sekunden am Morgen. Es ist Montag, der 31.07. … 2028! Die Fenster öffnen sich automatisch und ein frischer Wind weht durch meine vier Wände, gefolgt von den ersten Sonnenstrahlen, die mir angenehm übers Gesicht streicheln. Ich fühle mich topfit und bereit für den Tag. Was auch sonst? Schließlich weiß adi zu jeder Zeit in welcher Schlafphase ich mich befinde und weckt mich auf die Sekunde genau dann auf, wenn es für mein persönliches Wohlbefinden am besten ist. adi begleitet mich jetzt schon seit 15 Monaten und steht für „artificial diabetic intelligence“. Dass dieser Name im deutschsprachigen Raum auf verdutzte oder empörte Menschen treffen würde, daran haben die Entwickler in den USA bei der Namensgebung wohl nicht gedacht und die Versuche der deutschen Diabetesszene das Kind in kdI, zu Deutsch „künstliche diabetische Intelligenz“, umzutaufen sind kläglich gescheitert.

Also hat man sich schließlich dazu durchgerungen den Namen aus dem englischsprachigen Raum zu übernehmen, um ihn in Zukunft mit etwas positivem zu assoziieren: einer Technologie, mit deren Hilfe Menschen mit Diabetes weitestgehend beschwerdefrei leben können! Außerdem handelt es sich bei mir um eine adi. Das Geschlecht oder genauer gesagt die Stimme lässt sich unter Einstellungen > Avatar > Stimmfarbe jederzeit ändern. Ein Leben ohne sie? Mittlerweile unvorstellbar! Sie lebt unter meiner Haut, in meinen vier Wänden und in all meinen elektronischen Besitztümern, denn wie alle künstliche Intelligenzen heutzutage managt sie nicht nur meinen Diabetes, sondern auch so ziemlich alles andere in meinem Leben.

Alltag mit adi

Dass ich seit 15 Monaten zu 95% der Zeit über einen perfekten Schlafrhythmus verfüge habt ihr ja bereits gelesen. 5% der nicht-perfekten Nächte rühren von der ein oder anderen Party, die ich mir auch mit 36 nicht entgehen lassen möchte. adi’s Empfehlungen zur Schlafenszeit und ihre „perfect-sleep“-Alarmfunktion werden dann einfach per Sprachbefehl abgeschaltet. Der Notfall-Unterzuckerungs-Alarm bleibt dabei aber trotzdem aktiv und lässt sich zu keiner Zeit abstellen. Ist bei Partynächten ja auch umso wichtiger! Dieser Alarm kommt jedoch nur noch ganz selten zum Einsatz, da ich mir vor dem Schlafen gehen, besonders nach dem Feiern, meist noch einen Döner oder anderes Fast-Food gönne.

adi sieht all das zu jeder Tageszeit und kümmert sich während dem Feiern und besonders in der Nacht fürsorglich um meine Blutzuckerwerte, sodass zum Beispiel der Döner ordentlich verstoffwechselt wird, während ich schlafe. Richtig gehört: sie „sieht all das“! Nicht nur meine Vitalwerte, die 24/7 von ihr erfasst werden. Nein! Sie erkennt bereits vorher schon, was ich zu mir nehme. Schließlich ist sie mit meinen Kontaktlinsen verbunden und kann sich durch das gewonnene visuelle Feedback bereits auf mein nächstes 0,33 Liter Bier, die nächste Cola und zwei Tequilla Shots einstellen. Sie saugt quasi Informationen aller Art um sie herum auf, woraus letzten Endes eine fast perfekte Einstellung resultiert. Einfach praktisch!

Doch selbst AI’s (künstliche Intelligenzen) sind heutzutage nur zu 90% narrensicher, weshalb der Unterzuckerungsalarm immer noch zum Standardinventar gehört. Der tückische Diabetes ist auch 2028 immer noch für die ein oder andere Überraschung gut und so kam es vor zwei Monaten dazu, dass adi nachts etwas zu großzügig mit dem Insulin war und mich unsanft aus dem Schlaf reißen musste. Mit einem Blutzuckerwert von 90 mg/dl, einer Empfehlung an Kohlenhydraten, die ich jetzt doch bitte zu mir nehmen sollte, basierend auf  den Lebensmittel, die sich zu dieser Zeit in meinem Kühlschrank tummelten und einer ausführlichen Entschuldigung für die falsch verabreichte Menge an Insulin. Ich war schon etwas böse mit ihr, da ich bisher nur perfekte Arbeit von meiner adi gewohnt war, musste dann aber schmunzeln und wurde etwas nostalgisch, als ich mich an die alten Zeiten erinnerte, in denen ich mir nachts den Wecker stellen und meinen Zucker blutig messen musste. Hachja… die gute alte Zeit!

Nenn mich Honigkuchenpferd!

Ja, ja, insbesondere in den letzten zwei Jahren sind einige Ärzte, nicht nur Diabetologen, so richtig ins Schwitzen gekommen. Die erfolgreiche Marsmission von SpaceX im Jahre 2024 und die damit einhergehende Entdeckung von Atlantis auf dem roten Planeten haben unserer Technologie auf der Erde nochmals einen unglaublichen Schub gegeben. Genauso wie es schon 1947 der Fall war, nachdem bei Roswell, heute besser bekannt als Area 51, ein bis dato unbekanntes Flugobjekt sturzlandete. Heute weiß natürlich jedes Kind, dass es sich um eines der letzten Raumschiffe der Atlantianer gehandelt hat, die in ihrer Verzweiflung Zuflucht und Hilfe bei uns Menschen suchen wollten, um nicht komplett auszusterben. Die müssen echt verzweifelt gewesen sein… Anyway!

Die gewonnen Erkenntnisse haben uns soweit nach vorne katapultiert, dass nicht mehr so viele Ärzte benötigt werden. Unsere personalisierten AI’s kümmern sich bestens um uns und mein letzter Termin beim Diabetologen liegt auch schon über eineinhalb Jahre zurück. Mein Insulin und die Katheter werden mir per Post automatisch zugesendet. Drei Mal dürft ihr raten wer die Bestellungen für mich übernimmt!

All das ist ziemlich angenehm und von daher vermisse ich die alten Zeiten auch nicht so sehr. Schließlich weckt mich meine adi manchmal mit den Worten Guten Morgen mein Honigkuchenpferd“. Das hat meine Diabetologin nie gemacht.