Tag 4 der Diabetes Blog Woche ist angebrochen und nachdem ich gestern einen Tag ausgesetzt habe, sitze ich nun wieder nach zwei wunderschönen, erfolgreichen Tagen auf den Skiern, in meinem Hostelzimmer mit einem Radler in der Hand und versuche meine Gedankengänge zum heutigen Thema zu sammeln. Die meisten Gedanken dazu sind mir in den letzten Stunden auf dem Weg zum Berg, genauer gesagt zum Vulkan, durch den Kopf geschossen, denn indirekt ist ein Tag wie der heutige eine Nebenwirkung meiner Diabetes Diagnose vor vier Jahren. Dazu aber später mehr.

Definition Nebenwirkung: etwas unerwünschtes!

Googelt man nach der Definition des Wortes Nebenwirkung erhält man folgende Erklärung: „zusätzliche Wirkung, die etwas [unerwarteter- oder unerwünschtermaßen] hat.“ Was mir dabei sofort auffällt ist die Verwendung des Wortes „unerwünschtermaßen“, denn ich assoziiere mit Nebenwirkungen ebenfalls hauptsächlich etwas unerwünschtes. Etwas das mir nicht in den Kram passt und etwas worauf ich gar keinen Bock habe. Kurz: etwas negatives!

Ich denke jedem Typ 1er fallen auf Anhieb massenweise anstrengende, beängstigende und einfach nur nervende Nebenwirkungen unserer Erkrankung ein, denn der Diabetes ist nun mal ein Drecksack! Manchmal für kurze Zeit, manchmal für längere Zeit. Entweder Hauskatze die schnurrt, oder eben Löwe von dem man gejagt wird ohne jegliche Verschnaufpause.

Ich persönlich befinde mich gerade in einer „Häääää!?“-Phase, in der man trotz ausgiebiger Rumexperimentiererei  einfach nicht versteht, was denn gerade schief läuft. Vielleicht sollte ich es mal mit Zimt versuchen… Ganz normaler Diabetes Wahnsinn eben.

Definition Nebenwirkung: etwas unerwartetes!

Die Diagnose Typ 1 Diabetes ist an sich schon ein Event im Leben eines jeden Betroffenen, das an Unerwartbarkeit in direkter Konkurrenz zu einem Lotto-Gewinn steht. Natürlich könnten beide Ereignisse nicht unterschiedlicher sein, insbesondere was die damit einhergehenden Gefühlslagen betrifft, denn der Tag der Diagnose war definitiv ein Scheiß-Tag. Und die nächsten Tage danach auch. Und die nächsten Wochen. Ach und die ersten paar Monate ebenso.

Aber! Es war auch ein neuer Lebensabschnitt, der nicht nur unerwünschte, sondern auch sehr viele unerwarteteNebenwirkungen hatte. Und etwas unerwartetes muss nichts schlechtes sein. Denn unerwartete Ereignisse verfügen nicht selten über das Potenzial ein wenig Spannung ins Leben zu bringen.

Ich weiß, dass ich an dieser Stelle aufpassen muss, wie ich die folgenden Worte formuliere, denn Diabetes und Spannung in einem Satz grenzt für manch einen bestimmt an starken Sarkasmus oder gar einen Affront! Trotzdem lässt es sich wohl nicht anders beschreiben. Was meine ich also genau damit?

Work & Travel mit Typ 1 Diabetes

Als ich mich dem Ende meines Studiums näherte beschäftigte ich mich mehr und mehr damit wieder für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Work & Travel, wie 2011 in Australien. Aber dieses Mal eben mit Typ 1 Diabetes. Damals stellte ich mir in machen Momenten tatsächlich die Frage, ob ich das denn mit meinem Diabetes schaffe. Heute muss ich darüber echt schmunzeln, denn natürlich kann man auch mit Typ 1 ein Auslandsjahr jeglicher Art antreten. Unterbewusst wusste ich, dass ich es auf jeden Fall schaffen werde, aber die tatsächliche Gewissheit bekommt man eben nur wenn man es macht.

Genauso war es dann auch in Kanada, als ich meine Fahrradtour im Westen plante und im Endeffekt auch erfolgreich durchzog. Der Gedankengang, der mich in beiden und einigen anderen Lebenssituationen wohl am meisten motivierte und antrieb, lautete: „Jetzt erst recht! Der Diabetes kann ja versuchen mich zu stoppen, aber ich weiß: Ich packe das!“

Und das ist es was ich meine, wenn ich davon rede, dass der Diabetes auch Spannung ins Leben bringen kann. Ob man diese Art der Spannung zwangsläufig benötigt? Ich wage es stark zu bezweifeln, aber wie so oft sind so einige Sachen eine Frage der Perspektive. Ich mag es einfach nicht mich zu sehr auf die negativen Dingen zu fokussieren, denn die tauchen schon früh genug auf und beanspruchen dann ihre Zeit und Aufmerksamkeit. Ob man will oder nicht. Wenn möglich, versuche ich jedoch die optimistische, zuversichtliche Haltung in den meisten Lebenslagen einzunehmen. Jede Medaille hat ja bekanntlich zwei Seiten.

Deshalb bin ich heute auf der Piste zu dem Schluss gekommen, dass unter anderem mein Diabetes großen Anteil an meinem heutigen Lebensstil besitzt. Denn diese „Jetzt erst recht!“-Mentalität hat zumindest dazu geführt, dass ich unbedingt nach Kanada wollte. Und damit kam der Stein ins Rollen, der mich letzten Endes hier her auf die Nordinsel von Neuseeland geführt hat.

Ich muss sagen, dass ich verdammt glücklich darüber bin wie alles in den letzten Jahren gelaufen ist, mit allen Höhen und Tiefen, neuen Bekanntschaften, Ländern und Erfahrungen. Diabetes ist nicht der Grund wieso ich reise aber er hat mich irgendwie noch neugieriger auf das gemacht, was da draußen auf mich wartet. Macht das Sinn? Vielleicht helfen an dieser Stelle auch ein paar Bilder vom heutigen Tag, denn die sprechen ja meist mehr als tausend Worte. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass diese Momente ohne Diabetes nicht zustande gekommen wären. Mindestens eine Nebenwirkung mit der ich persönlich ganz gut klar komme.