Den Diabetes einen Tag abgeben. Jemand anderen Mal die Arbeit übernehmen lassen. Eine echte Auszeit für 24 Stunden nehmen. Hört sich wirklich verdammt verlockend an! Und dann darf man sich auch noch aussuchen, wer sich um das Biest kümmern muss. Da reibt man sich gedanklich schon die Hände und setzt das fieseste Mr. Burns Grinsen auf, während einem das Wort „Ausgezeichnet!“ durch den Kopf schießt.

Ich gebe zu, als ich die Beschreibung des ersten Themas der Diabetes Blog Woche gelesen habe, ist mir als erstes der „Experte im Pyjama“ durch den Kopf geschossen. Ein Typ, der in Kanada meinen Weg kreuzte und über den ich vor nicht allzu langer Zeit berichtet habe. Die Sorte Mensch, die alles besser weiß, über eine festgefahrene Meinung verfügt, leidenschaftlich gerne andere belehrt und jegliche Empathie vermissen lässt.

Es gibt durchaus einen Teil von mir, der solchen Leuten gerne mal einen Tag lang den Diabetes ausleihen würde. Im gleichen Moment frage ich mich jedoch: „Wäre das sinnvoll?“ Denn ich bin dann doch sehr stutzig, ob ein Tag mit Diabetes ausreichen würde, die Empathie von Menschen dieses Kalibers zu steigern, oder überhaupt zu wecken. Wenn ich länger darüber nachdenke glaube ich sogar, dass es eine Verschwendung wäre. Wieso sich überhaupt die Mühe machen, wenn sich solche Menschen offensichtlich von Anfang an nicht wirklich für deine Sichtweise der Dinge, deine Perspektive interessieren und an ihrer in Stein gemeißelten Meinung festhalten?

An wen würde ich den Diabetes also abgeben? Ich glaube die einzig logische Antwort darauf lautet: „An die Leute, die es wirklich interessiert.“ Das heißt, an die lieben Menschen, um mich herum, denen mein Wohlbefinden tatsächlich am Herzen liegt. Familie und Freunde, die versuchen die Krankheit zu verstehen, immer wieder Verständnis zeigen und sich Mühe geben die Höhen und Tiefen nachzuvollziehen.

Ich kann mir vorstellen, dass sich jetzt einige nach meiner „logischen Antwort“ ungläubig am Kopf kratzen, weshalb ich den Gedankengang wohl noch etwas weiter ausführen sollte.

Es gibt so viele Dinge im Leben, die wir versuchen zu verstehen, zu begreifen, nachzuvollziehen. Aber gelingt uns das auch? Die Antwort lautet: „Nein!“. Denn trotz größter Bemühungen stoßen wir oftmals an die Grenzen unseres persönlichen  Vorstellungsvermögens. An diesen Grenzen mangelt es uns meist an Erfahrung, denn gewisse Dinge im Leben  muss man einfach eigens erlebt haben, um sie vollends verstehen zu können. Mit dem Diabetes ist es gewiss nicht anders und wenn ich mir so die Blogbeiträge einiger Bloggerkollegen und –kolleginnen durchlese, merke ich sehr oft, was für tolle Typ F’ler es gibt, die scheinbar tatsächlich gerne mal einen Tag mit Typ 1 Diabetes „ausprobieren“ würden.

Solche lieben Menschen, die einem persönlich nahe stehen, sei es Partner, Eltern, Geschwister oder Freunde, würden bestimmt viel mehr davon profitieren für einen Tag meinen Diabetes zu übernehmen. Sich für einen Tag zu 100% in die Rolle des Menschen mit Typ 1 Diabetes zu versetzen, die Krankheit zu erleben und das Verständnis dafür auf ein völlig neues Level zu heben.

Ich bin mir sicher, dass solch eine Erfahrung die persönlichen Bande ganz besonders festigen würde und ein weiterer schöner Nebeneffekt nach solch einem Tag wäre bestimmt die neu gewonnene Wertschätzung gesund und stolzer Besitzer einer funktionierenden Bauchspeicheldrüse zu sein. Im Grunde genommen kann es in diesem Szenario eigentlich nur Gewinner geben und es wäre definitiv sinnvoller als mein erster, zugegebenermaßen leicht feindseeliger, Gedankengang.

Das war also mein erster Beitrag zur Diabetes Blog Woche zum Thema Abgabe-Tag: Wem würdet ihr einen Tag lang euren Diabetes geben und warum?

Ich bin sehr gespannt auf eure Gedanken in Form von Kommentaren und Blogbeiträgen und die folgenden 6 Tage!