Der Michi bloggt jetzt also. Über Reisen und seine Krankheit. Wie ist er denn jetzt auf die Idee gekommen? Definitiv eine berechtigte Frage und eine, die ich stellen würde um mehr über die Beweggründe der Person hinter den Kulissen herauszufinden. Und da es meiner Meinung nach wichtig ist, dass diejenigen die das hier lesen meine Motivation verstehen, schreibe ich jetzt einfach mal drauf los um etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Reisen und Diabetes. Meine beiden Leidenschaften! Die eine Leidenschaft habe ich vor fünf Jahren entdeckt, als ich nach Australien aufgebrochen bin, die andere hat vor zwei Jahren unangemeldet vor der Haustür gestanden, mir ohne zu fragen Handschellen angelegt und den Schlüssel verschluckt. Chronisch krank, keine Möglichkeit der Heilung und seitdem in gewissen Sachen eingeschränkt. Oder warte mal, bin ich das? Die ersten sechs bis zwölf Monate nach der Diagnose bestimmt. Andauernd hatte ich den Gedanken „Ich bin Diabetiker, Ich bin Diabetiker, Ich bin Diabetiker,…“ in Dauerschleife im Kopf und nahm mich in gewissen Dingen etwas zurück. Definitiv nicht angenehm, aber wenn man von heute auf morgen vier bis acht Mal täglich seine Finger piksen muss um den Blutzuckerwert zu bestimmen und manchmal fast genauso oft eine gewisse Menge Insulin in seinen Bauch oder die Oberschenkel spritzen muss, dann denke ich kann das schon mal vorkommen. Und außerdem war ich auf einmal 8 kg leichter. Alles nicht so prickelnd.

Es benötigt eben definitiv Zeit um eine chronische Krankheit, egal welche, zu akzeptieren und den Alltag mit ihr zu meistern. Diese Zeit sollte man sich nehmen und es nicht ignorieren oder klein reden.

Wie kann so etwas also eine Leidenschaft sein? Gute Frage. Zum einen ist es mittlerweile tatsächlich so, dass ich mich irgendwie gerne mit meinem Diabetes befasse und vor allen Dingen rede ich gerne mit anderen Betroffenen darüber, tausche mich aus, versuche Tipps zu geben und bin dankbar für jeden Tipp den ich bekommen kann. Das habe ich besonders bei meinem Praktikum in der Sportabteilung der Diabetes Klinik Bad Mergentheim gemerkt. An dieser Stelle übrigens liebe Grüße an das gesamte Team. Die machen wirklich in allen Bereichen einen ausgezeichneten Job!

Auf der anderen Seite denke ich, dass das Wort Leidenschaft insofern gut zum Diabetes passt, wenn man ein wenig damit spielt. Als ich auf den Whitsunday Islands in Australien war, kann ich mich an eine junge Frau erinnern, die mit einem anderen Deutschen etwas über die deutsche Sprache philosophiert hat. Sie meinte damals, dass sie das Wort Leidenschaft so schön finden würde, weil man sich einer Sache gänzlich hingibt und ein Leiden für etwas schafft. Damals musste ich mir ein Lachen verkneifen. In letzter Zeit musste ich daran jedoch öfters denken. Typ 1 Diabetes ist definitiv etwas, dem man sehr viel Zeit widmen muss um es so gut es geht zu managen und etwas das Leiden schafft, natürlich eher im negativen Sinne. Lustig wie man sich nach Jahren an so einen kleinen Moment erinnert, weil sich plötzlich einige Dinge geändert haben.

Zurück zu der Akzeptanz-Geschichte. Ich habe für mich herausgefunden, dass je mehr ich mich mit dem Diabetes und meinem Körper beschäftige, desto weniger muss ich im Endeffekt für meine Krankheit machen bzw. greifen gewisse Automatismen besser und daraus folgt, dass ich die Krankheit auch besser im Griff habe. Jedenfalls momentan. Wie jeder Typ 1er weiß gibt es mal bessere und schlechtere Tage, Wochen und Monate. Und was mir besonders gut durch die schlechten Zeiten hilft ist der Austausch mit anderen Betroffenen. Es tut einfach gut zu sehen, dass man nicht alleine mit dem Scheiß ist und vor allen Dingen tut es gut über hohe Blutzuckerwerte, Unterzuckerungen, streikende Messgeräte und alkoholbedingte Achterbahnfahrten zu lachen, anstelle sich davon runterziehen zu lassen.

Da ich allerdings eher selten jemanden um mich herum habe, der auch Typ 1er ist haben mir vor allen Dingen Blogbeiträge von sogenannten „Diabetes-Bloggern“ gut getan. Richtig gehört! So etwas gibt’s! Und ich war auf Anhieb begeistert davon. Ich glaube die erste Seite auf die ich gestoßen bin war Lisabetes. Lustiger Name für einen Blog dachte ich mir damals und war nach dem ersten Eintrag, sofort Fan. Dann kamen DiaFeelings, Francibetes, InsulinJunkie, Insulea, Die Welt mit Diabetes, mein-diabetes-blog.com, PEP ME UP, I can eat everything, typ1liveblog und und und dazu. Dass ich von Reisen mit Typ 1 begeistert war ist denke ich klar. 😉

Diabetes ist nun Bestandteil meines Lebens und ich habe wie gesagt gemerkt, dass ich mich glücklicherweise meistens gerne mit der Erkrankung befasse. Dazu kommt, dass ich durch mein Studium schon vor der Diagnose Kontakt mit Erkrankungen wie Typ 1 Diabetes im Rahmen der Sporttherapie hatte, was mich letztes Jahr auch dazu bewegt hat das Praktikum in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zu absolvieren.

Daraufhin kam dann auch sehr schnell der Gedanke meinen eigenen Blog zu starten. Es bot sich einfach an. Spätestens als mir das erste Mal der Blogname „Zucker im Gepäck“ durch den Kopf ging war für mich klar: „Das passt!“ Allerdings musste ich dann feststellen, dass es diesen Blognamen schon gibt. Und so entstand dann der Type 1 Backpacker. 🙂 Zucker im Gepäck solltet ihr euch aber definitiv auch mal anschauen, wenn ihr am Reisen interessiert seid. Wirklich unglaublich wo Susanne überall schon war mit ihrem Diabetes!

Ich finde es extrem wichtig, dass es all diese Blogs gibt. Wieso? Ganz einfach. Wenn man sich mit den Blogs und den Personen dahinter beschäftigt merkt man schnell, dass Diabetes eine ziemlich komplexe Sache ist. Es ist nicht nur das bereits erwähnte Messen und Spritzen. Es ist ein ständiges sich motivieren, schlechte Tage akzeptieren, Zukunftsängste bekämpfen (Stichwort Folgeerkrankungen), den Körper kennen und verstehen lernen und wenn möglich sich nicht viel davon anmerken zu lassen, obwohl man vielleicht manchmal viel mehr darüber reden möchte. Außerdem waren mir Begriffe wie „Diabulimie“ oder „Insulin-Purging“ nie ein Begriff bevor ich auf die Blogs gestoßen bin. Ich könnte jetzt noch mehr Dinge aufzählen aber ich denke es sollte nun klar sein worum es mir geht. Natürlich treffen nicht alle Dinge, die ich gerade aufgezählt habe auf jeden zu aber teilweise und daher ist es toll, dass all diese Themen in unterschiedlichen Blogs behandelt werden. Wenn eine Sache beim Diabetes wichtig ist, dann sind es Informationen, Informationen und nochmal Informationen. Und von daher kann es meiner Meinung nach gar nicht genug Blogs von Diabetikern für Diabetiker geben.

An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzten und „Danke“ sagen und zwar an alle die dazu beitragen diese Diabetes-Community mit ihren Erfahrungen zu bereichern und damit dem ein oder anderen den Tag etwas erträglicher machen, vielleicht sogar komplett retten, wenn es denn mal blöd läuft.

Außerdem Hut ab vor allen Kindern, Jugendlichen und Eltern, die mit der Krankheit konfrontiert werden und jeden Tag ihr Bestes geben sich davon nicht unterkriegen zu lassen. Ich wurde mit 22 diagnostiziert, bin also quasi erwachsen (wer mich kennt muss sich an dieser Stelle vielleicht ein Lachen verkneifen) und somit in der Lage die Krankheit alleine zu managen, doch ich habe bereits gesehen wie anstrengend es für einige Familien ist sich mit der Krankheit rumzuschlagen. Es ist eben nicht „nur“ Diabetes wie es oft mal leichtfertig gesagt wird. Deswegen meinen allergrößten Respekt!

Mit meinem Blog möchte ich nun meinen kleinen Teil zum Leben mit Typ 1 Diabetes beisteuern und wie schon viele andere Typ 1er aus den unterschiedlichsten Bereichen zeigen, dass man sich durch die Handschellen nicht einschränken lassen muss.

In diesem Sinne, bleibt am Ball und lasst euch nicht unterkriegen!

Liebe Grüße aus Montréal,

Michi