Die ersten Tage in einem unbekannten Land. Definitiv die spannendsten, gleichzeitig aber auch die schwierigsten für mich. So war es auch schon damals in Australien. Neues Land, neue Kultur und auch hier wieder eine „neue“ Sprache, oder besser gesagt eine der ich nur begrenzt mächtig bin.

Mir wurde jedoch schnell klar, dass man auch hier wie in jeder anderen Großstadt mit Englisch durchkommt. Dementsprechend eine Sorge weniger.

Die Frage nach dem „Was jetzt?“ verursachte dann schon etwas mehr Kopfschmerzen.

Bei meiner Ankunft hier im Hostel hatte ich mich sofort nach einem Job erkundigt. Zur Erklärung: So ziemliche alle HI-Hostels in Kanada bieten sogenannte Volunteer-Jobs an. Das Prinzip dabei ist ganz simpel. Man arbeitet ein paar Stunden pro Woche im Hostel und muss dafür nicht für Übernachtung und Frühstück zahlen. Bei den Preisen hier in Kanada auf jeden Fall eine Überlegung wert.

Nach ein paar Tagen im Hostel hatte ich dann auch schon ein kleines Interview mit Gabrielle und Max, die hier für die Volunteers zuständig sind. Wie ich dieses Interview über die Bühne gebracht habe… Keine Ahnung! Wieso? Ganz einfach, die beiden wollten mein Französisch testen um herauszufinden, ob ich ein Kandidat für die Freizeitaktivitäten hier im Hostel wäre, denn dafür sollte man möglichst zweisprachig sein.

Zwei, drei Sätze des Gesprächs waren dann doch auf Englisch. Unter anderem deswegen, weil ich eine Frage komplett falsch verstanden hatte und Max mich völlig verwirrt nach meiner Antwort anstarrte. Aber ehrlich gesagt bin ich verwundert, dass das nicht öfters vorkam, denn hier in Montréal spricht man „Québécois“, den kanadischen Dialekt. Ein sehr sehr, sagen wir mal, „interessantes“ Französisch. Stellenweise so interessant, dass selbst die Franzosen manchmal davor kapitulieren müssen. Das machte die ganze Sache dementsprechend nicht einfacher, doch unterm Strich hieß es dann von beiden, dass mein Französisch gut genug sei und ich hier anfangen könnte. Yeah, s’läuft!

Allerdings war ich mir zu Beginn noch viel zu unsicher, ob ich in Montréal bleiben möchte, denn der Westen mit seinen wunderschönen Landschaften spukte in meinem Hinterkopf. Großstadt? Eigentlich nicht so mein Ding. Also fragte ich, ob es denn ok sei, wenn ich mir ein wenig Bedenkzeit nehmen würde, was glücklicherweise kein Problem darstellte.

Ok, einen Job hätte ich also schon mal sicher, auch wenn ich hier kein Geld verdiene. Zumindest könnte ich mich jetzt gemütlich auf die Suche nach einem zweiten Job begeben. Warum sollte ich mir diese günstige Ausgangsposition nach Tag 3 also entgehen lassen? Eine Frage auf die ich mittlerweile keine Antwort mehr habe. Irgendwie ging alles so schnell und man will die richtige Entscheidung treffen, die beste Zeit haben und und und…

Ziemlich schnell wurde mir dann aber bewusst, dass das ein ziemlich bescheuerter und unnötiger Gedanke war. Wer würde mir denn versprechen, dass es im Westen besser sein würde?

Beim Backpacken ist es im Grunde genommen ziemlich egal, wo man sich befindet. Man trifft eigentlich überall coole Leute und diese sind auch der Grund, wieso man eine gute Zeit hat, nicht der Ort an dem man sich befindet. In Australien war ich zum Beispiel insgesamt 5 Monate in Bundaberg arbeiten. Definitiv kein besonders schöner Ort, im Vergleich zum Rest von Australien. Trotzdem hatte ich dort eine super Zeit und habe Freundschaften geschlossen über die ich unglaublich dankbar bin.

Im Grunde genommen musste ich jetzt also nur noch für mich herausfinden was ich denn bevorzugen würde. Schöne Landschaften oder das Leben in einer Großstadt? Also machte ich mir eine kurze Pro und Contra Liste, was denn alles für Montréal sprechen würde oder eben nicht. Und ruck zuck wurde mir dabei klar, dass nicht viel dagegen sprach. Zusätzlich nahm ich täglich an den kostenlosen Touren durch Montréal teil, die hier im Hostel angeboten werden und mir wurde immer mehr bewusst wie viel diese Stadt doch zu bieten hat und wie cool die Leute im Hostel sind. Man erlebt hier einfach eine unglaublich freundliche und relaxte Atmosphäre!

Ich gebe zu mein erster Eindruck von Montréal nach meiner Ankunft war nicht gerade der beste. Mittlerweile kann ich mir aber auch erklären wieso. Erstens, als ich ankam liefen extrem viele betrunkene Leute durch die Stadt, da an diesem Tag eine St. Patrick’s Day Parade stattgefunden hatte und zweitens, vor dem Hostel befindet sich eine riesige ziemlich unschöne Baustelle, die etwas die Sicht auf die schöneren Gebäude der Stadt versperrt. Sobald man sich aber auf den Weg in die Innenstadt oder Altstadt macht stellt man fest, dass Montréal unglaublich viele schöne Ecken vorzuweisen hat und die Leute hier einfach cool sind.

Meine Gefühlslage änderte sich in den ersten 6 Tagen im Stundentakt, vergleichbar mit einer Achterbahnfahrt bei der ständig die Richtung geändert wird. Glücklicherweise hatte all das keinen Einfluss auf meinen Diabetes, genauer gesagt meinen Blutzucker. Abgesehen von den ein oder anderen mal etwas höheren, mal etwas niedrigeren Werten hatte ich nach meiner Ankunft nicht mehr als normalerweise damit zu kämpfen. Alles also im grünen Bereich 🙂

Und nun sitze ich hier als Volunteer, der für die Aktivitäten – Pubcrawls + Beerpong + BBQ = Sweeeeet 😉 – zuständig ist und bin super glücklich mit meiner Entscheidung. Es wird von  Tag zu Tag besser und ich bin mir ziiiiiemlich sicher, dass ich in Montréal eine sehr gute Zeit haben werde. Ich halte euch auf dem Laufenden!

In diesem Sinne, auf eine gute Zeit im Auberge de Jeunesse HI-Montréal!

Liebe Grüße aus Montréal,

Michi