Nachdem ich mich in meinen ersten zwei Wochen leider noch mit universitären Pflichten herumquälen musste, konnte ich mich ab Anfang April voll und ganz auf Kanada konzentrieren. Soll heißen, dass ich all meine Aufmerksamkeit darauf richten durfte wieder gesund zu werden, denn im Hostel trieb eine richtig fiese Grippe ihr Unwesen. Dementsprechend lag ich zunächst einmal drei Tage flach.

Zwei Wochen schon in Montréal und erst an einer von vielen großartigen Touren, die das Hostel anzubieten hat, teilgenommen. So blieben mir die schöne Altstadt und das Vergnügen auf den Mont Royal zu kraxeln, um die wunderbare Aussicht über die Stadt zu genießen, vorerst verwehrt.

Naja, alles nicht so schlimm, denn ich fühlte mich bereits ohne viel von der Stadt gesehen zu haben Pudelwohl im Auberge de Jeunesse. Nils aus Deutschland und Kathleen aus Irland hatten bereits begonnen mich einzuarbeiten und zwar füüüüüür… das Frühstück! Richtig gehört. Den Frühstückstisch decken, Müsli, Obst und ähnliches bereitstellen, Säfte auffüllen sowie Eier und Kaffe kochen. Von 7 bis ca. 13 Uhr. Gemütliche Arbeit, die ich für zwei Wochen innen hatte, ehe ich zu den Aktivitäten wechselte. Alles easy peasy soweit.

In den folgenden Tagen und Wochen verabschiedeten sich einige alteingesessene Volunteers schweren Herzens und unsere Gruppe wurde etwas durchgemischt. So wurde die liebe Dounia aus Hamburg Teil unseres Teams. Dounia war genau wie ich auf der Suche nach einem zweiten Job und klapperte so ziemlich jeden Laden in Montréal ab, während ich mich noch mit meiner Grippe rumschleppte. Sie wäre auch oft genommen worden, wenn da nicht dieses Problem mit der Sprache gewesen wäre. In Montréal reicht es nämlich nicht nur Englisch zu sprechen, um zum Beispiel zu kellnern. Französisch und Englisch sind dabei eigentlich immer Pflicht.

Eines schönen Tages kam sie dann aber in unser Zimmer und meinte einen Küchenjob gefunden zu haben und dass noch weitere Leute gesucht werden. Das ganze ereignete sich quasi einen Tag bevor ich mit der Jobsuche starten wollte und ja… was soll ich sagen. Ich bekam den Job. Und neben mir auch Nils sowie Matt, ein weiterer Volunteer aus Australien und nicht zu vergessen Fabi, auch aus Hamburg und derjenige, der den Stein ins Rollen gebracht hatte. Er war derjenige, der den Job als erstes bekam und anschließend Dounia darauf aufmerksam gemacht hatte. Verrückt wie das manchmal läuft.

Und so startete das Abenteuer „Prep Cook“ bei Diablos BBQ-Grill. Das Restaurant befindet sich auf der Rue St. Laurent, einer der bekanntesten Straßen von Montréal, auf der sich zahlreiche Restaurants, Pub’s und Diskotheken aneinanderreihen. Wir sollten jedoch nicht ein einziges Mal dort arbeiten, denn mit uns hatte man andere Pläne.

Dieser Plan nannte sich „Marché Des Éclusiers“. Frei übersetzt „Markt der Schleusenmeister“. Ein brandneues Projekt unter dem sich mehrere Namen vereinten. Dazu gehörten ein Smoothie – Stand, eine Bäckerei und eine Eisdiele. Außerdem wurden Fisch, Shawarma und andere Delikatessen verkauft. Und mittendrin Diablos mit einem großen Outdoor BBQ-Grill direkt an der Schleuse in der Altstadt von Montréal. Mega Location und der erste Eindruck war sehr, sehr gut.

Neben dem Besitzer von Diablos lernten wir bei der Orientation unseren Küchenchef Andrew kennen, der uns in den ersten Wochen so gut es ging einwies und uns wo er nur konnte half. Alles Neuland für mich und ich stellte hunderte von Fragen, so dass ich mir selber manchmal damit auf den Kecks ging. Mir wurde jedoch immer von allen Seiten geholfen und nach einigen Wochen lief auch alles richtig gut. Lieber zwei Mal fragen bevor man irgendwas komplett in den Sand setzt 😉

Während die Kunden zu Beginn noch ausblieben wurde es mit steigenden sommerlichen Temperaturen immer voller und wir mussten so einige Anstürme überstehen. Besonders prickelnd  war das vor allen Dingen als ich nach zirka 1 1/2 Monaten Gefangenschaft in der Küche frische Luft schnuppern durfte und am Grill eingearbeitet wurde. Richtig gehört! Michi, der Sportstudent am Grill. Verantwortung für Burger, Steaks, etc. übernehmen die für 15 bis 25 Dollar verkauft werden. In der Altstadt von Montréal, wo die Ansprüche der Kundschaft doch sehr hoch sind. Kann man mal machen…

Manchmal musste ich mir das Lachen echt verkneifen. In so einer Location ist ein ausgebildeter Koch eigentlich Pflicht, um eine gewisse Qualität zu liefern. Aber was soll ich sagen, Diablos BBQ-Grill war oft ein sehr, sehr, sagen wir mal, „besonderer“ und chaotischer Arbeitsplatz, ohne genauer auf weitere Details einzugehen.

Jedenfalls arbeitete ich ab diesem Zeitpunkt in der Küche und am Grill. Eine ganze Zeit sogar fast nur am Grill und das ist wirklich verrückt, wenn man bedenkt, dass ich null Erfahrung hatte und mir dann doch so viel Verantwortung übertragen wurde. Naja, ohne mir jetzt groß auf die Schulter zu klopfen würde ich sagen, dass ich dann doch einen sehr anständigen Job gemacht habe, was mir auch eigentlich von allen Seiten bestätigt wurde, worauf ich auch sehr stolz bin.

Bei all diesem Stress in der Küche und am Grill kam der Diabetes manchmal etwas zu kurz. Und damit meine ich, dass ich manchmal einfach nicht daran gedacht habe meinen Blutzucker zu messen oder schlicht und einfach keine Zeit hatte. Eine riesige Lehre für mich, denn ich hätte damit nie gerechnet! Zur Erklärung: Bei meinem Praktikum in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim wurde dieser Umstand von so manchem Patienten beklagt. Ich konnte das zu diesem Zeitpunkt nie so wirklich nachvollziehen. Was soll denn daran so schwer sein kurz das Messgerät zu nehmen, den Finger zu pieksen, den Wert zu messen und gegebenenfalls Korrektur zu spritzen? Geht doch Ruck-Zuck als erfahrener Typ 1er. Theoretisch ja, aber je nachdem wie stressig der Job ist, findet man dafür tatsächlich keine Zeit. Ob man’s glaubt oder nicht!

Und so kam es dann auch mal vor, dass die Werte längere Zeit erhöht waren, worüber ich mich an manchen Tagen sehr ärgerte. Anderseits war ich auch manchmal selber dran Schuld. Die Versuchung in einer Küche hier und da mal zu naschen ist auch einfach zu groß. Und wenn man erstmal mit diesen Nachos angefangen hat… Ach herje ihr wisst doch wie das ist 😉

Naja, auf der anderen Seite möchte ich betonen, dass meine Werte größtenteils gut waren und dass trotz Bullenhitze in der Küche oder eben vorm Kohle-Grill. Und Unterzuckerungen in einer Küche abzuwehren macht bei so einer großen Auswahl an Möglichkeiten sogar fast Spaß! Nachos…

Neben diesen Lektionen für meinen Diabetes gab es da aber auch noch andere Dinge, die ich für mich gelernt habe und ich rede jetzt nicht davon wie man einen Kartoffelsalat zubereitet. In so einer Küche weht nämlich ein ziemlich rauer Wind und man muss sich oftmals ein sehr dickes Fell zulegen. Andererseits lernt man aber auch einen Scheißdreck auf manche Sachen zu geben, eben wegen diesem Wind, der häufig die falschen Personen trifft. Wenn man sich dabei noch vor Augen hält, dass man für den kanadischen Mindestlohn arbeitet fällt es einem gleich nochmal leichter. Für mich persönlich eine wirklich wichtige Lektion.

Drei Monate war ich insgesamt bei Diablos angestellt. Habe mit super coolen, teilweise schwer durchgeknallten aber doch liebenswürdigen Leuten zusammengearbeitet, die besten Smoothies der Stadt kostenlos bekommen, neue Kontakte geknüpft, viel zu viele Burger gegessen, die unorganisierteste Führung eines Restaurants (ever) live miterlebt und bin zum Grill – Chef auserkoren worden 😉

Der verrückteste und gleichzeitig wohl geilste Sommer meines Lebens. Auch wenn ich am Ende sehr froh war, den Laden zu verlassen möchte ich die Zeit definitiv nicht missen, denn die Leute mit denen ich zusammenarbeiten durfte waren sehr besondere und lustige Nasen, die ich jetzt schon schwer vermisse 🙂

So sah also meine Zeit bei Diablos BBQ-Grill in der Altstadt von Montréal ganz grob zusammengefasst aus. Und da war ja noch dieser andere Job im mit Abstand besten Hostel von Kanada. Dazu mehr im nächsten Blog-Post 😉

In diesem Sinne, lasst die Finger von diesen verflixten Nachos! Wenn man einmal angefangen hat, hört man nicht mehr auf und ich sag euch der Blutzucker steigt enorm!

Liebe Grüße aus Montréal,

Michi